Intersex

Weil ich so bin

Fehér, Christine (2016): Weil ich so bin. Hamburg: Carlsen. (104 Seiten, ab ca. 13 Jahren)

Jona kann nicht sagen, ob er ein Junge oder ein Mädchen ist, denn er wurde mit beiden Geschlechtsmerkmalen geboren. Von seinen Eltern als Junge erzogen, fühlt er sich von klein auf ebenso sehr als Mädchen.

Heute, mit 15, schlüpft Jona immer noch gerne in seine weibliche Rolle, schminkt sich und geht mit seiner besten Freundin Mia Klamotten kaufen. In der Schule wird er für sein Auftreten oft angefeindet, aber auch bewundert. Als sich Jona in den angesagten Leon verliebt, bringt das nicht nur ihn ziemlich durcheinander…

Liebe macht Anders

Fessel, Karen-Susan (2013): Liebe macht Anders. Stuttgart: Franckh-Kosmos. (162 Seiten, ab ca. 14 Jahren)

Anders sieht super aus und hat etwas Geheimnisvolles an sich. Schnell entwickelt sich eine Liebesgeschichte zwischen ihm und Sanne. Das passt Robert, dem bisher unangefochtenen Sunnyboy und Ex-Freund von Sanne überhaupt nicht und er beginnt in Anders’ Vergangenheit zu graben: Nicht nur, dass der Typ keinen Facebook-Account hat – man findet ihn überhaupt nirgends im Netz. Irgendetwas ist da faul! Als Robert entdeckt, dass der Neue gar kein “richtiger” Mann ist, wird es gefährlich für Anders. Richtig gefährlich. Und Sanne muss hilflos dabei zusehen.

Tintenfischalarm

Scharang, Elisabeth (2006): Tintenfischalarm. Falter Verlag, Österreich Dokumentarfilm. (107 min, freigegeben ab 12 Jahren)  

Elisabeth Scharangs Dokumentarfilm “Tintenfischalarm” erzählt die Geschichte des intersexuellen Alex Wien – Zum Frühstück trinkt Alex gerne Kakao. “Nicht sehr männlich” sei das, meint er/sie ironisch, so als liesse sich an der Vorliebe für Kakao die geschlechtliche Identität bestimmen.

Alex ist intersexuell, also keinem normierten Geschlecht zuordenbar. Im Alter von zwei Jahren wurde an ihm/ihr ein chirurgischer Eingriff durchgeführt, eine so genannte “Geschlechtsangleichung” – man amputierte den Penis und legte eine Scheidenplastik an. Seitdem hiess er/sie Alexandra und lebte als Mädchen, ohne sich je ganz als Mädchen zu fühlen.

In “Tintenfischalarm” macht Alex seine/ihre Geschichte erstmals öffentlich. – Der Dokumentarfilm beschränkt sich nicht darauf, einer devianten Form von Geschlechtlichkeit und den damit verbundenen Konflikten zu einer höheren Aufmerksamkeit zu verhelfen. Alex’ individuelles Schicksal, sein/ihr Versuch einer Selbstfindung, stehen im Vordergrund.

Exemplarisch ist sein/ihr Weg deshalb, weil er/sie aus der Anonymität heraustritt. Scharang begleitete Alex über einen Zeitraum von drei Jahren. Sie tritt dabei selbst als Protagonistin auf, als Freundin an seiner/ihrer Seite, umgeht das gängige Interviewmodell und inszeniert ein intimes Zwiegespräch, das das wechselseitige Vertrauen nachdrücklich zu vermitteln sucht.

Die Binnenperspektive erlaubt grosse Offenheit – und damit Einsichten in eine Aussenseiterexistenz. Der Gefühlsraum isoliert Alex aber auch aus einem sozialen Umfeld, an dem Aussagen anschaulich würden. Nichtsdestotrotz bleibt Alex eine äusserst resolute Figur. Die Entscheidung als intersexueller Mann zu leben und sich künftig Alex Jürgen zu nennen, ist (auch) ein Effekt des Comingout.

Reisen ans Wattenmeer, wo er erstmals mit einer Selbsthilfegruppe zusammentrifft, nach Berlin und San Francisco markieren die Etappen einer Selbstbestimmung, die an der Erfahrung reift, einem grösseren Kollektiv anzugehören.

Scharang scheint manchmal fast zu sehr darauf bedacht, Alex’ Geschichte eine positive Resonanz zu verleihen – auch die besinnlichen Songs der Band Garish wirken in diesem Zusammenhang ein wenig fremd. Demgegenüber bleibt Alex ein erfrischend widerborstiger Gegenpart, der seine durch Testosteron verbundenen körperlichen Veränderungen nicht verhehlt; genauso wenig wie den Umstand, dass ihn nichts mehr enttäuschen kann.

(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.4.2006; www.derstandard.at/2406904/Jenseits-beider-Geschlechter)